Berichte 2020

Geschäfts­ent­wicklung

Weiterhin an der vordersten Front der Pandemiebekämpfung

Die COVID-19-Pandemie war ein ständiger Begleiter auch im Jahr 2021. Das Universitätsspital Zürich (USZ) trug im Kanton Zürich und weit darüber hinaus wesentlich zur Bekämpfung von COVID-19 und zur Behandlung der daran erkrankten Patient*innen bei. 

Besonders spürbar war die zweite Welle in den Monaten Januar und Februar. Aber auch während der vierten Welle im September und Oktober sowie der fünften Welle im Dezember mussten immer wieder elektive Operationen zurückgestellt werden. War in der ersten und zweiten Welle primär die Infrastruktur der Engpass, so waren in der vierten und fünften Welle die personellen Ressourcen der limitierende Faktor. 

Insgesamt behandelte das USZ 2021 1’020 stationäre COVID-19-Patient*innen mit einer SARS-CoV-2-Infektion und teilweise schweren Komorbiditäten. Die Patient*innen stammten aus 16 Kantonen. Das mittlere Fallgewicht der COVID-19-Fälle betrug 4.49 Indexpunkte, was einem hohen Schweregrad entspricht. Kantonale COVID-Beiträge beliefen sich im Berichtsjahr auf CHF 6.3 Mio. Anzumerken ist, dass die leistungsbezogenen Defizitbeiträge für die vierte und fünfte Welle nur für die Zürcher Patientinnen und Patienten ausgerichtet worden sind. 

Veraltete Infrastruktur erschwert effiziente Leistungserbringung 

Die Infrastruktur des USZ benötigt eine umfassende Gesamterneuerung. Der 2019 eingeweihte Behandlungstrakt SUED2, ein Provisorium, war die erste neue Fläche seit 1993. Mit den geplanten Bauten MITTE1 und MITTE2 werden 2028 wichtige Meilensteine der Gesamterneuerung erreicht. Der Weg dahin ist jedoch mit einer Baufeldleerung, mit komplexen Rochaden und mit einer zeitweiligen Verringerung der Bettenkapazität verbunden. Aufgrund seines schlechten baulichen Zustandes wird zudem die schrittweise Leerung des Westtraktes notwendig. Auch diese wird sich erschwerend auf die verfügbare Infrastruktur auswirken. Durch die Einrichtung eines zentralen Bettenmanagements und durch eine möglichst starke Verdichtung wirkt das USZ der Verknappung der Kapazitäten entgegen. 

Jedes Jahr investiert das USZ hohe zweistellige Millionenbeträge in die Instandhaltung des Bestands. Diese Mittel fehlen für die nachhaltige Finanzierung des Betriebs und erschweren die Finanzierung der Neubauten. 

Stabilisierung auf breiter Front 

Nach dem starken Rückgang von bis zu 10% der Patient*innen im stationären Bereich im Jahr 2020 konnten die meisten Kliniken 2021 wieder mehr stationäre Patient*innen behandeln. Rund ein Drittel der Kliniken erreicht bereits das Leistungsniveau von vor der Pandemie. Auch die drei Kliniken, die 2020 einer negativen medialen Aufmerksamkeit ausgesetzt waren (Klinik für Herzchirurgie, Klinik für Gynäkologie und Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie), konnten den negativen Trend stark verlangsamen und sich stabilisieren. 

Besseres Ergebnis, dennoch leicht negativ 

Trotz der permanenten COVID-Grundlast und der erwähnten infrastrukturellen Herausforderungen konnte das USZ das Ergebnis im Vergleich zu 2020 um CHF 33.8 Mio. verbessern und schliesst 2021 mit einem Verlust in Höhe von CHF 14.2 Mio. ab. Dies entspricht weniger als einem Prozent des Umsatzes. Die EBITDA-Marge konnte 2021 im Vergleich zum Vorjahr auf 4.3% verdoppelt werden. Die EBITDAR-Marge nahm auf 5.9% zu.

Leistungen und Ertrag

Hoher Spezialisierungsgrad

Die Zahl der stationären Austritte betrug 39’599 und nahm um 2.1% gegenüber dem Vorjahr zu. Bei den zusatzversicherten Patient*innen wurde eine Zunahme von +0.8% oder 60 Austritten verzeichnet.

Sehr hoch ist der Schweregrad der am USZ behandelten Patient*innen; der Case Mix Index (CMI) betrug 2021 1.652 (Vorjahr: 1.644). Multipliziert man den CMI mit der Baserate ergibt das den stationären DRG-Ertrag pro Fall. Hinzu kommen Zu- und Abschläge für die Liegedauer, besonders teure Medikamente und Materialien, Honorare sowie Leistungen aus der Hotellerie. Die Summe der Schweregrade, das Kostengewicht (Cost Weight oder CW), betrug 65’120 Punkte und lag damit 1’531 Punkte bzw. +2.4% über dem Vorjahr. 2021 konnte die Verweildauer weiter reduziert werden. Dies trotz höherem Schweregrad der Patient*innen, der sich im Case Mix Index (CMI) ausdrückt. Die durchschnittliche Verweildauer lag mit 6.41 Tagen 1.3% unter dem Vorjahr (6.49 Tage).

Der hohe CMI und der im Vergleich zu den Zürcher Fällen deutlich geringere Rückgang bei den ausserkantonalen Fällen zeigen die tragende Rolle, die das USZ im Bereich der spezialisierten und hochspezialisierten Versorgung einnimmt. 

Die 10% der Patient*innen mit dem höchsten Schweregrad wiesen einen durchschnittlichen CMI von 7.612 (Vorjahr: 7.382) aus. Sie machten 46.1% (Vorjahr: 45.1%) des gesamten Kostengewichts aus. Auch sie widerspiegeln den hohen Spezialisierungsgrad am USZ.

Herausforderung Tarife und Regulierung

Auch nach rund einem Jahrzehnt seit der Einführung des Tarifsystems SwissDRG werden viele komplexe Behandlungen sowie die Verbunds- und Vorhalteleistungen, die beim Endversorgerspital anfallen, im System der Fallpauschalen nach SwissDRG nach wie vor nicht hinreichend abgebildet. Am USZ treten überdurchschnittlich viele Fälle mit grossem Defizit auf, d. h. Fälle mit einem Defizit grösser als CHF 30’000. Die bisher durch die SwissDRG AG getroffenen Massnahmen vermögen dieses Problem nicht zufriedenstellend zu lösen. Dazu hat das USZ in den vergangenen Jahren bereits umfassende Studien publiziert.

Für das USZ ergeben sich daraus weitreichende Folgen für die stationären Tarife. Für das Jahr 2021 konnten teilweise nur provisorische Verlängerungen von Verträgen erwirkt werden. 2022 stehen erneut Tarifverhandlungen an, und es drohen neue Festsetzungsverfahren. Noch gänzlich offen bis zurück auf das DRG-Einführungsjahr 2012 sind die Verhandlungen mit dem Versicherer Group Mutuel. 

Viele Versicherer fordern eine tiefere Baserate und verweisen dabei auf das Ende der sogenannten Einführungsphase SwissDRG. Es ist jedoch fraglich, ob es ohne Begleitmassnahmen für grosse Endversorgerspitäler je ein Ende der Einführungsphase geben wird. Ohne eine höhere Baserate wäre das wirtschaftliche Überleben der grossen Endversorgerspitäler mit den überdurchschnittlich vielen Hochdefizitfällen unmöglich. Die Forderung nach einer höheren Baserate erfolgt also keineswegs aufgrund von Ineffizienzen, sondern ist den speziellen Anforderungen an eine hochstehende medizinische Versorgung für komplexe Fälle geschuldet.

Sorgen bereitet weiterhin die Entwicklung im Bereich der Zusatzversicherungen. Ausgelöst durch Analysen der FINMA stehen die Krankenversicherer und damit auch die Spitäler unter Druck bei den Prämien bzw. Leistungen der Zusatzversicherungen, die in den Hoheitsbereich des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag VVG fallen. Im Fokus steht hier die Abgrenzung zu den Leistungen im KVG-Bereich und damit der Nachweis von Mehrleistungen. 

Starker Trend hin zu ambulanten Leistungen

Im Gegensatz zum stationären Bereich verzeichnete der ambulante Bereich im Berichtsjahr ein deutliches Wachstum zum Vorjahr. Bei den verrechneten ambulanten Taxpunkten betrug der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr 11.8%. Der ambulante Ertrag lag insgesamt per Ende 2021 um 12% über dem Vorjahr. Die Bedürfnisse der Patient*innen einerseits und die Möglichkeiten medizinischer Behandlungen andererseits lassen eine weitere Verschiebung von stationär zu ambulant erwarten. Dies gilt nicht nur für einfache Krankheitsbilder, sondern zunehmend auch für komplexe Diagnosen und Behandlungen. Das USZ kommt diesen Bedürfnissen mit der Eröffnung des ambulanten Gesundheitszentrums am Flughafen Zürich und der aktiven Förderung ambulanter Behandlung entgegen. Allerdings müssen sich die Rahmenbedingungen bei der Finanzierung ändern, um das Potenzial der ambulanten Behandlungen auszuschöpfen. Die heutigen ambulanten Tarife vermögen die Gestehungskosten in den Akutspitälern nicht zu decken. Das USZ setzt sich daher für neue Finanzierungsmodelle ein.

Nicht medizinische Leistungen

Neben den eigentlichen Versorgungsleistungen erbringt das USZ eine Vielzahl weiterer Leistungen im Auftrag des Kantons Zürich oder Dritter. Bei den Einnahmen für Leistungen an Mitarbeitende oder Dritte stagnierten die Erträge aus den Bereichen Hotellerie, Kioske und Parkplätze, dagegen wurden mehr Labor-Dienstleistungen erbracht.

Im Auftrag des Kantons erbringt das USZ sogenannte gemeinwirtschaftliche Leistungen. Den grössten Anteil bilden Dienstleistungen im Bereich Forschung und Lehre zugunsten der Universität Zürich (UZH), gefolgt von der ärztlichen Weiterbildung im Auftrag der Gesundheitsdirektion Zürich. Im Bereich der Forschung und Lehre wurde der Beitrag im Jahr 2018 erstmals um CHF 15 Mio. aufgestockt. Dennoch ist dieser Bereich nach wie vor unterfinanziert. Gemeinsam mit dem Kanton arbeitet das USZ an einem neuen Finanzierungsmodell. Diese Kostenunterdeckung wird vom USZ mit Gewinnen im Bereich der zusatzversicherten Patient*innen finanziert.

Betriebsertrag

Insgesamt stieg der Betriebsertrag um CHF 45.9 Mio. (+3.2%) auf CHF 1’497.2 Mio. Mit 55.5% (Vorjahr: 56.5%) bildeten die stationären Leistungen den mit Abstand grössten Anteil am Betriebsertrag, gefolgt von 28.8% (Vorjahr: 26.5%) Umsatzanteil des ambulanten Bereichs. Die kantonalen COVID-Beiträge (CHF 6.3 Mio.) trugen 0.4% zum Gesamtertrag bei.

Ressourcen und Aufwand

Betriebsaufwand

Der Betriebsaufwand (ohne Miet- und Anlagenutzungskosten) erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um CHF 11.7 Mio. (+0.8%) auf CHF 1’408.9 Mio. Der Personalaufwand war 2021 CHF 17.5 Mio. höher als 2020. 

Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich auch der Aufwand für Medikamente (CHF +10 Mio.) und Einwegmaterial (CHF +5 Mio.). Bei den nichtmedizinischen Sachausgaben verringerte sich hingegen der Aufwand, namentlich in der Informatik (CHF –7 Mio.) und beim Mobiliar (CHF –6 Mio.). 

EBITDAR

Die EBITDAR-Marge erhöhte sich auf 5.9% (Vorjahr: 3.7%). In absoluten Werten resultierte ein EBITDAR (Betriebsergebnis vor Abschreibung, Zinsen und Mieten) von CHF 88.5 Mio. (Vorjahr: CHF 53.8 Mio.).

Kapitalkosten und Finanzerfolg

Die Kapitalkosten sind gegenüber dem Vorjahr um CHF 1.8 Mio. auf CHF 80.4 Mio. gesunken. Das Finanzergebnis verbesserte sich um CHF 0.4 Mio. auf CHF 0.6 Mio. Die Verzinsung der Anleihe über CHF 120 Mio. konnte in erheblichem Umfang mit kurzfristigen Passivdarlehen mit Negativzinsen wettgemacht werden.

Investitionen und Cashflow

Das Investitionsvolumen im Bereich der Mobilien (Medizintechnik, Informatik, Geräte) lag mit CHF 26.4 Mio. deutlich, nämlich um CHF 14.6 Mio., unter dem Vorjahresniveau. Im Jahr 2021 sind die Ausgaben für die Erstausstattung an den dezentralen Standorten, die 2020 bezogen worden sind, nicht mehr angefallen.

Der operative Cashflow weist einen positiven Wert von CHF 75.1 Mio. aus. Abzüglich des Cashflows aus der Investitionstätigkeit (CHF 113 Mio.) resultierte damit ein Free Cashflow von CHF –38.2 Mio. Gedeckt wurde dieser Betrag zum einen mit vorhandenen Mitteln per 1.1.2021, zum anderen mit zusätzlichem Fremdkapital. Das verzinsliche Fremdkapital betrug per 31.12.2021 CHF 287.9 Mio. und nahm damit gegenüber dem Vorjahr um CHF 18.3 Mio. zu.

Verlustdeckung

Der Jahresverlust im Einzelabschluss USZ 2021 nach Swiss GAAP FER beträgt CHF –15’875’412. Dieser soll vollumfänglich den freien Reserven im Eigenkapital belastet werden. 

Die Konzernrechnung USZ 2021 Swiss GAAP FER weist einen Verlust von CHF –14’198’412 aus. Die Eigenkapitalquote beläuft sich nach Belastung der Reserven auf 60.0%.

Über eine Verlustdeckung wird der Kantonsrat auf Antrag des Regierungsrats basierend auf dem Ergebnis des Einzelabschlusses USZ 2021 Swiss GAAP FER im Frühjahr 2022 entscheiden.

Ausblick

Die aktuelle wirtschaftliche Kraft des USZ mit dem EBITDAR-Wert von ca. CHF 88.5 Mio. und mit einer EBITDAR-Marge von 5.9% stellt im Vergleich zum ersten Pandemiejahr 2020 eine erhebliche Verbesserung dar. Sie wird jedoch nicht ausreichen, um die bauliche Gesamterneuerung sowie die für die anstehende Digitalisierung notwendigen Investitionen aus eigener Kraft zu stemmen. 

Um die notwendige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erlangen, strebt das USZ in den kommenden Jahren die Rückgewinnung der verlorenen Marktanteile bei den stationären Patient*innen und die Erhöhung der Kostendeckung im ambulanten Bereich durch die verdichtete Nutzung der Ressourcen an. Die neue, ab 1. Januar 2022 gültige stringente Organisation im Kerngeschäft hat ein erhebliches Potenzial für die Implementierung einheitlicher Patientenprozesse, was wiederum zu Kostenreduktionen führen wird. Die Aktivitäten werden im Rahmen des Projekts Optima koordiniert, das in den nächsten Monaten initialisiert werden wird. Die anstehenden Investitionen sowohl in den Bestand als auch in Neubauten werden auf ihren Beitrag zur Verbesserung der Effizienz überprüft und priorisiert.