Berichte 2020

Vigilanzen

Das Gesetz verpflichtet Spitäler und Medizinalpersonen, vermutete unerwünschte Vorkommnisse mit Blutprodukten (Hämovigilanz), unerwünschte Arzneimittelwirkungen (Pharmakovigilanz) und schwerwiegende Vorkommnisse mit Medizinprodukten (Materiovigilanz) zu melden. Unerwünschte Vorkommnisse in diesen drei Vigilanzgruppen werden im USZ direkt über ein Meldeportal im Intranet gemeldet. Die Prozesse zur Erfassung von Meldungen, zur Weiterleitung an Swissmedic, zur internen Analyse und zur Umsetzung von Massnahmen sind definiert. Sie werden intern kommuniziert und es finden regelmässig Schulungen dazu statt.

Pharmakovigilanz: Überwachung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen

Die wichtigste Methode zur Erkennung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) ist das Spontanmeldesystem: Im Rahmen der Pharmakovigilanz werden UAW systematisch gesammelt und erfasst. UAW und Medikationsfehler im Spital erhöhen Patientensicherheitsrisiken signifikant. Knapp jeder zehnte Patient ist gemäss Literatur während einer Hospitalisation von einem solchen Ereignis betroffen. 

Die Klinik für Klinische Pharmakologie und Toxikologie am USZ ist das grösste regionale Pharmakovigilanz-Zentrum (RPVZ) der Schweiz. Das Zentrum bearbeitet über 900 Meldungen pro Jahr vorwiegend aus dem Kanton Zürich. Die Melderate für Fälle aus dem USZ war im Jahr 2021 ähnlich hoch wie im letzten Jahr.

Vortragsaktivitäten, Publikationen und die klinische Präsenz der Ärztinnen und Ärzte der Klinik für Klinische Pharmakologie und Toxikologie unterstützen die Bereitschaft, Meldungen abzusetzen. Von besonderer Wichtigkeit sind aktuelle Meldungen über die neuen Therapien bei Krebserkrankungen, deren sichere Anwendung durch Langzeitbeobachtungen gefördert wird. 

Überwachung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW)

Quelle: Klinik für Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Prof Dr. Gerd Kullak-Ublick

2021 2020 2019 2018 2017
Anzahl der gesamten UAW Meldungen (inklusive Follow-Up Meldungen, Meldungen aus Arztpraxen, Apotheken, externen Spitälern) 935 827 792 697 783
Davon UAW Meldungen aus dem USZ 368 383 263 153 230
2021 2020
935 827

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Arzneimittelsicherheit

Die hochspezialisierte Medizin am USZ, die Anwendung von neuen Medikamenten und die zunehmende Komplexität der Krankheitsbilder einer immer älter werdenden Bevölkerung erfordern eine hohe Aufmerksamkeit im Hinblick auf die Medikation jedes einzelnen Patienten. Die Klinik für Klinische Pharmakologie und Toxikologie berät die fallführenden Ärzt*innen bei der Nutzen-Risiko-Beurteilung der jeweiligen medikamentösen Therapie. 

2021 wurde im Rahmen der Visitentätigkeit die Medikation von rund 9600 Patient*innen überwacht. Der Fokus lag auf Interaktionen, Indikation, Kontraindikation, Galenik und im Besonderen auf Dosierungen bei Organdysfunktionen wie Leber- und Niereninsuffizienz. Bei 38 Prozent aller gescreenten Patient*innen wurde die Therapie optimiert. Die Bestimmung und Interpretation von Arzneimittelkonzentrationen im Blut, die Notwendigkeit einer pharmakogenetischen Abklärung sowie die Beratungen der chirurgischen Abteilungen in Fragen der Arzneimittelverordnung und -risiken im Bereich der kardiovaskulären Erkrankungen gehörten zu den Massnahmen der Klinik. 

Routineüberwachung

Zur Unterstützung der Dosierung der Antibiotika Gentamicin/Vancomycin wird seit 2019 ein neues halbautomatisiertes Kontrollsystem eingesetzt. Vancomycin kann in zu hohen Dosierungen zur Beeinträchtigung der Nierenfunktion und zu anderen toxischen Effekten führen. Das Kontrollsystem gewährleistet die Dosisoptimierung dieses Medikaments. Über das Kontrollsystem begleitete die Klinik die notwendigen Dosisanpassungen während der intravenösen Dauertherapie bei 217 Patient*innen mit insgesamt 452 Vancomycin-Gaben. 

Auch die Pharmakotherapie bei ambulanten onkologischen Patient*innen wird auf Anfrage geprüft. Im Jahr 2021 wurden 318 Kontrollen durchgeführt (im Vorjahr: 211).

Medikationsfehler vermeiden durch «Tall Man Lettering»

Ähnlich aussehende oder ähnlich klingende Wirkstoffnamen können beim Richten und Verabreichen von Parenteralia zu Verwechslungen führen. Besonders häufig und potenziell lebensbedrohlich sind Medikationsfehler auf Intensivstationen. Grossbuchstaben auf Spritzenetiketten (Tall Man Lettering [TML]) können die Fehlerrate reduzieren. Im Rahmen einer Beobachtungsstudie auf der Intensivstation des USZ wurde mittels Eye Tracking das Blickverhalten von 30 Intensiv-Pflegefachpersonen bei der Auswahl von Spritzenpaaren untersucht. Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer wurde gebeten, aus jeweils fünf Spritzentableaus (10 Spritzen mit jeweils 10 ml) mit und ohne TML-Codierung die verordnete richtige Spritze auszuwählen. Die Reihenfolge der Tableaus war zufällig. Vor und nach den Versuchen erhielten die Teilnehmenden Fragebögen, um mögliche Einflussfaktoren und das Vorwissen zur TML-Codierung zu evaluieren. 

Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die TML-codierten Spritzenetiketten zu einer signifikanten Reduktion der Fehlerrate führen (von 5.3 Prozent auf 0.7 Prozent, p<0.05). Die Eye-Tracking-Daten zeigen zudem, dass TML die visuelle Aufmerksamkeit verändert. Die Effekte waren stärker ausgeprägt, wenn TML in der Mitte oder am Ende des Medikamentennamens positioniert war. Im Hinblick auf die Implementierung war ein interessantes Begleitergebnis, dass 60 Prozent der Teilnehmenden der Meinung waren, dass TML keinen Einfluss auf die Fehlerrate hätte. 

Die Umsetzung der neuen Beschriftung mit Tall Man Lettering ist gestartet.

Hämovigilanz: Anzahl Transfusionen und Überwachung von Transfusionsreaktionen

Im Rahmen der Hämovigilanz werden kontinuierlich unerwünschte Transfusionsreaktionen überwacht. Die gesamte spitalinterne «Transfusionskette» von der Verordnung über die Bestellung bis hin zur Zuordnung und Dokumentation der Verabreichung wird am USZ über das elektronische klinische Informationssystem (KISIM) erfasst.

Auf der Grundlage des «Blood Patient Management» sind am USZ strikte Transfusionstrigger festgelegt, deren Umsetzung in der Kommission «Blutprodukte» quartalsmässig analysiert wird.

Verglichen zum Vorjahr verzeichnete das USZ 2021 insgesamt eine leicht steigende, jedoch noch nicht an die aus dem Jahr 2019 heranreichende Anzahl an transfundierten labilen Blutprodukten. Aufgrund der Pandemie wurden weniger operative Wahleingriffe durchgeführt. Die sinkende Anzahl transfundierter Blutprodukte betraf vor allem Erythrozyten- und Thrombozyten-Konzentrate.

Die aktuellen Transfusionsrichtlinien, insbesondere die Transfusionstrigger, werden anhand der bestehenden Evidenzen aktualisiert. 

Im Hämovigilanz-System wurden wie im Jahr zuvor 28 Zwischenfälle gemeldet. Am häufigsten waren allergische Reaktionen (17x), gefolgt von febrilen nicht-hämolytischen Transfusionsreaktionen (FNHTR) (8x). Im Zusammenhang mit multimorbiden Patient*innen ist von einem gewissen Under-Reporting auszugehen. Erneute Schulungen und Fortbildungen sollen zu einer Verbesserung führen.

Fehltransfusionen traten keine auf. Die Anzahl der Patientenverwechslungen, sogenannte Near-Miss-Fälle, die vor Transfusion aufgedeckt werden, stiegen leicht an (von 13 auf 16). Bei den meisten von ihnen handelte es sich um «Fehletikettierungen».

Transfusionsreaktionen

Quelle: Klinik für Med.Onkologie und Hämatologie, Prof. Dr. Markus Manz, Klinikdirektor, Dr. Adrian Bachofner, Verantwortlicher Hämovigilanz

2021 2020 2019 2018 2017
Total verabreichte Blutprodukte 24’487 24’426 26’187 28’204 19’524
Transfusionsreaktionen 28 28 25 16 35
2021 2020
24’487 24’426

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Materiovigilanz: Überwachung schwerwiegender Vorkommnisse mit Medizinprodukten

Im Jahr 2021 wurden 143 Vorkommnisse mit Medizinprodukten gemeldet. Die Anzahl der intern gemeldeten Fälle ist damit zurückgegangen (Vorjahr: 180 Fälle). 86 Meldungen wurden als meldepflichtig eingestuft und an den Hersteller und Swissmedic weitergeleitet. Die übrigen 57 Meldungen waren aus unterschiedlichen Gründen nicht meldepflichtig. Es handelte sich dabei um einmalige oder mehrmalige Vorkommnisse, die für den Anwender vor dem Einsatz erkennbar waren, oder um Vorkommnisse, von denen keine Gefährdung ausging.

Von den insgesamt 143 Meldungen entfallen 60 Fälle auf die Kategorie «medizinisch–technische Geräte» und 79 Fälle auf die Kategorie «medizinisches Material». Vier Fälle der Kategorie «Medikamente» wurden direkt an die Kantonsapotheke Zürich (KAZ) gemeldet.

Materiovigilanz – Meldungen

Quelle: Materiovigilanz-Verantwortlicher USZ, Holger Giray

2021 2020 2019 2018 2017
Anzahl eingegangener Materiovigilanz-Meldungen 143 180 187 141 35
Anzahl durchgeführter interner Abklärungen aufgrund von Materiovigilanz-Meldungen 143 180 187 141 35
Anzahl weitergeleiteter Meldungen an Swissmedic 86 100 76 52 7

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